Der Fall Murat Capan
Nach Darstellung der El EAD hat Murat Capan am 24. Mai 2017 um 5 Uhr morgens zusammen mit zwei Freunden den Grenzfluss Evros nach Griechenland überquert: „Sie erreichten (die griechische Grenzstadt) Didymóticho, wo sie von Polizeioffizieren aufgegriffen und zum Polizeirevier gebracht wurden. Dort baten sie, einen Asylantrag stellen zu dürfen. In dem Polizeirevier war auch eine türkische Familie mit drei Kindern, die über den Evros gekommen war. Nach einiger Zeit sagte man ihnen, man werde sie der UNHCR übergeben, und man verfrachtete sie in einen weißen Lieferwagen ohne Nummernschild. Kurz darauf stieß ein weiteres Auto zu ihnen und man fuhr sie auf ein Feld. Eine Gruppe von fünf maskierten Männern in Tarnanzügen führte sie zum Fluss, sie sagten dabei kein Wort. Als die türkischen Staatsbürger sahen, dass ein Schlauchboot auf sie wartete, wiederholten sie ihre Forderung, Asyl zu beantragen. Man fesselte ihre Hände und setzte sie in das Boot, das von zwei der maskierten Männer ans gegenüberliegende Ufer gesteuert wurde, wo sie in der Nähe eines Postens der türkischen Armee ausgesetzt wurden. Nach einer Weile wurden sie von türkischen Polizeioffizieren aufgefunden.“ (Presseerklärung der El EAD vom 29. Mai 2017).
Ganz anders wurde der Fall von türkischer Seite dargestellt. Nach einem Bericht in der englischsprachigen Daily News (Hürriyet-Gruppe) vom 25. Mai 2017 wurde Capan am 24. Mai in Edirne verhaftet “während er ins benachbarte Griechenland zu fliehen versuchte, wie aus einer Quelle der Sicherheitsorgane verlautet“.
Dieser Version widerspricht nicht nur die Griechische Vereinigung für Menschenrechte, sondern auch Cevheri Güven, ein Freund und Kollege von Capan. Güven und Capan waren die Herausgeber des Magazins Nokta, das wegen seiner Berichte über Korruptionsfälle in der nächsten Umgebung Erdogans im Juli 2016 verboten wurde. Güven war es schon Mitte Mai gelungen, mit seiner Familie nach Griechenland zu flüchten(2) Wie er seinem griechischen Kollegen Yiannis Papadopoulos mitgeteilt hat, wurde ihm von Freunden in der Türkei bestätigt, dass Capan tatsächlich griechischen Boden erreicht hatte, bevor er von bewaffneten Maskierten in die Türkei zurück verfrachtet wurde. Papadopoulos hat über den Fall in der Kathimerini vom 12. Juni berichtet.
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